Wir sind wieder zu Hause! Nach 5 wunderbaren Tagen auf unserer Ziel-Insel Sylt, haben wir heute die Heimreise angetreten. Wir würden lügen, würden wir behaupten, dass wir es nicht ziemlich schweren Herzens tun. Denn die Ankunft zu Hause bedeutet natürlich auch, den Weg zurück in den "normalen" Alltag zu finden. Die Herausforderung, die da vor uns liegt, ist vielleicht genauso schwierig, wie die Tour selbst.

Die Zeit auf Sylt ist wie im Fluge vergangen. Unsere Jugendherberge hatte eine ziemlich exklusive Lage. Direkt am Königshafen, einer Bucht im Norden der Insel, gelegen, stand sie als einziges Gebäude mitten in den Dünen. Der nächste Ort List, war einige Kilometer entfernt. Das brachte den Vorteil, dass man ganz für sich war, hatte jedoch den Nachteil, dass man immer fahren musste, egal wo man hinwollte. Die Herberge selbst war die schlechteste von allen 17 Jugendherbergen, in denen wir auf unserer Tour waren. Die Ausstattung war äußerst spartanisch und das Essen ebenso. Vermutlich kann man es sich dort aber leisten, da das Haus trotzdem komplett ausgebucht war.

Da es auch hier, für Nordsee-Verhältnisse, äußerst heiß war, haben wir auch so gut wie jeden Tag am Strand verbracht. Das Bad im Meer war eine willkommene Abkühlung und zusammen mit dem leichten Wind, der ständig wehte, ließ es sich äußerst gut aushalten. Für Friedrich war es das Paradies. Er konnte den ganzen Tag nackt sein und im größten Sandkasten, den er je gesehen hat, umher tollen. Für ihn war das vermutlich so, als wenn Weihnachten und Geburtstag auf einen Tag fielen. Getroffen haben wir außerdem viele Freunde, Bekannte und Verwandte. Das war eine wunderbare Abwechslung und einer der Hauptgründe, warum wir die gesamte Tour von Süden nach Norden gefahren sind.

Sylt ist für mich eine Insel mit zwei Gesichtern. Die Landschaft, die man dort entdecken kann, ist wirklich atemberaubend. Das Rote Kliff bei Kampen ist eine imposante, teilweise bis zu 30 Meter hohe Steilküste. Das Rantumbecken, eine ehemalige Start- und Landefläche für Wasserflugzeuge, ist heute Rückzugsort für viele bedrohte Vögel. Den Blick über das endlos erscheinende Meer der Dünen, die über und über mit den Blüten der Heide und der Sylter Rose bedeckt sind, schweifen zu lassen, ist wirklich ein idyllisches Bild. Die Sonnenuntergänge direkt über dem Meer, die man von den Stränden der Westküste aus beobachten kann, sind ein absolutes Highlight. Wenn der dunkelrote Feuerball langsam im Meer verschwindet und sich der Himmel blutrot färbt, ist das ein Anblick, den man nicht so schnell vergisst.

Das zweite und für mich weitaus weniger schöne Gesicht der Insel ist das Image als mondäner Urlaubsort für die Reichen und Wohlhabenden. An keinem anderen Ort in Deutschland wird man mit einer derartigen Zurschaustellung von Statussymbolen konfrontiert. Der Prototyp dieser Spezies gehört der männlichen Ü50-Fraktion an. Zu erkennen auch an ihrer wenig abwechslungsreichen Uniform, dem rosa Polohemd, und dem bereits deutlich ergrauten Haupthaar. Sinnstiftenden Lebensinhalt scheinen sie nur in übertriebener Selbstdarstellung zu finden. Und was würde sich da besser anbieten, als sich selbst mit einer sündhaft teuren und lauten Luxuskarosse zur Schau zu stellen? So viele Lamborghini, Rolls-Royce & Co., wie wir in den letzten Tagen gesehen haben, sehen andere ihr Leben lang nicht.

So wird einem, ob man will oder nicht, auf Sylt auch eine der sozial prekärsten Ungerechtheiten Deutschlands vor Augen geführt: Die Undurchdringlichkeit sozialer Schichten und die klaffende Lücke zwischen Arm und Reich. Wohlstand kann man sich in der Regel in Deutschland nicht erarbeiten, man kann ihn höchstens erben. Und wer schon viel hat, kann daraus ohne große Probleme mehr machen und wer wenig hat, wird zumeist immer dabei bleiben. Wer trotzdem Erholung auf der Insel finden möchte, sollte diesen Umstand deshalb möglichst ausblenden und sich abseits der massentouristischen Hotspots bewegen. Belohnt wird man dafür mit entspannender Ruhe und einer tollen Landschaft!

Dass wir das Ziel unserer Reise, den nördlichsten Punkt Deutschlands, tatsächlich erreicht haben, ist für uns immernoch schwer zu begreifen. Es kommt uns im Rückblick eher so vor, als hätten wir viele kleine Urlaubsreisen nacheinander gemacht. Dass es wirklich eine einzige große Reise war, scheint für den Kopf so ungewohnt, dass er das gar nicht realisieren kann. Immer wieder saßen wir in den letzten Tagen zusammen vor den Bildern, die wir im Verlaufe der Tour gemacht haben und erinnnerten uns mit einem Lächeln zurück an all die tollen Momente.

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Julia und Henrik (Montag, 06 August 2018 05:18)
Moin, endlich wieder was zu lesen! Schön, dass Ihr gut daheim angekommen seid.
Wo gehts das nächste mal hin?
LG Julia und Henrik
CHRISTOPH (Montag, 06 August 2018 09:53)
Guten Morgen Ihr Lieben,
wir haben erfahren, dass es den „Zipfelbund“ der 4 äußersten Gemeinden in Deutschlands gibt. Da hätten wir schon die Hälfte geschafft und die andere Hälfte wäre eine Reise von West nach Ost. Das ist aktuell aber noch Zukunftsmusik.
Regine Balk (Freitag, 10 August 2018 05:15)
Wir, vom "Frauenzimmer-Nienburg" wünschen eine sanfte Landung in den Alltag.